Am Morgen wurden wir wie gewöhnlich um 9 Uhr von David, Mama Esta und Eva am Hostel abgeholt. Die 7. Klasse Primary feiert an diesem Tag ein Abschiedsfest, denn für die Kinder beginnen am nächsten Montag die lang ersehnten Ferien. Zur Feier des Tages wurden die Eltern und Familien der Kinder eingeladen. An diesem Vormittag nehmen wir für viele Waisenkinder den Platz der Eltern ein.
Die Fahrt dauert knapp 30 Minuten, denn die Schule liegt auf der anderen Seite von Moshi. Wir durchqueren viele arme Gebiete der Stadt, die ich zuvor noch nicht gesehen habe. Im Verlauf der Fahrt sehen wir unter anderen eine Zuckerplantage, von der die Zuckerrohre auf einer alten Draisine, die nur mit Muskelkraft betrieben wird, weitertransportiert werden. Nebenan spielen Kinder auf der Straße mit einem alten Fahrradreifen. Immer wieder sehen wir Stände, an denen Lebensmittel und Dinge für den alltäglichen Gebrauch verkauft werden. Am Straßenrand grasen Kühe, Ziegen und Hühner.
Bei der Schule angekommen, hören wir bereits Musik. Wir passieren ein Tor und sehen das sehr großzügige Schulgelände, auf welchem viele Zelte zum Schutz gegen die Sonne aufgebaut sind. Wir sehen viele Kinder in Schuluniformen, die sich offensichtlich über unseren Besuch freuen. Nach einer kurzen Begrüßung werden wir von den Kids in die einzelnen Klassenzimmer geführt. Schon nach kurzer Zeit bildet sich eine Traube von Kindern um Rita. Obwohl diese Schule zu den besten der Stadt gehört, ist sie immer noch weit unter dem Niveau der schlechtesten Dorfschule in unserem Umkreis ausgestattet.
Während wir uns die Klassenzimmer anschauen, marschiert eine Truppe von Schülern als Soldaten verkleidet auf den Schulhof. Es werden verschiedene Übungen vorgestellt, welche für uns mehr als befremdlich wirken. Der Schuldirektor präsentiert diese aber voller Stolz. Andreas kann es nicht lassen und schnappt sich eins der freien Holzgewehre und gliedert sich direkt in die Reihe der Schüler ein. Die Schüler und Zuschauer lachen und schauen dem weißen Mann mit dem roten Vollbart zu, zum Glück scheint es auch dem Direktor zu gefallen.
Den Rest des Vormittags verbringen wir gemeinsam mit den Kindern auf dem Schulhof, weil Heinrich und Rita bereits heute weiterreisen, werden noch einige Fotos gemacht und dann verabschieden sich die Kids auch schon von Ihnen.
Nachmittags fahren wir gemeinsam in die Stadt um Spannbretter für die Betten ausfindig zu machen. Unglaublich, aber in Moshi gibt es wirklich alles. In einem unscheinbaren Hinterhoflager bietet ein Händler Plywood (Spanbretter) an. In einer überdachten Halle stapeln sich, ähnlich wie in einem Bauhaus, verschiedene Bretter. Unser Schreiner Andy wählt die geeigneten Bretter aus, danach beginnt das typische Afrikanische Feilschen. Da unser Bus bereits beladen ist, organisierten wir einen Transporter für die Bretter. Jetzt gilt es nur noch eine elektrische Stichsäge ausfindig zu machen, was aber Dank der Connection von David auch kein Problem war. Nun sollte alles parat sein für die Verarbeitung der Holzplatten.
Wir fahren in das Kinderheim, wo wir nach einer kurzen aber notwendigen Mittagspause, die Betten für 30 Minuten testen. Danach machten wir uns wieder an die Arbeit, Andreas und Andy maßen die Betten aus und sägten die Bretter für die Betten zu Recht.
In der Zwischenzeit repariere ich ein defektes MacBook. Auch wenn ich in Tanzania keinen speziellen Sechskant Schraubenzieher fand bekam ich mit einer Zange die defekte Festplatte ausgebaut und die Neue eingebaut.
Andy und Adreas brauchen vorrausichtlich den kompletten Tag um die Bretter zu Recht zu sägen; insgesamt werden es 28 Betten. Ich mache mich mit Mama Esta und Eva auf den Weg um weitere Witwen in der Umgebung zu besuchen.
Unser erster Stopp ist für mich etwas ganz Besonderes, denn wir besuchen Gloria und ihre Großmutter. Ich habe Gloria bei meiner ersten Reise kennen gelernt, sie ist der Grund weshalb ich dieses Projekt gestartet habe.
Seit dem Tag, an dem die Kindertagesstätte aufgemacht wurde, lebt Gloria tagsüber wieder bei ihrer Großmutter. Morgens wird sie von David mit dem Bus abgeholt und kann abends wieder zurück in ihre vertraute Umgebung. Somit wird die Großmutter entlastet und Gloria wird optimal auf das Schulleben vorbereitet. Außerdem hat sie die Möglichkeit mit ihren Freunden zu spielen.
Bei unserer ersten Reise hinterließen wir der Großmutter etwas Geld für das sogenannte „Chicken Project“, dieses Geld nutze die Großmutter für einen Umzug und kaufte von dem restlichen Geld Hühner und Enten. In diesem neuen Heim hat sie die Möglichkeit Hühner und Enten zu halten. Ich war gespannt ob die Tiere noch leben. Den Tieren ging es gut, allerdings musste ich aufpassen nicht in einen der zahlreichen Kotflecken zu treten. Der deutsche Ordnungsinstinkt in mir fragt sich, ob ich ihr noch Geld für einen passenden Zaun dalassen sollte.
Gloria hat mich gleich freudig wiedererkannt. Ich hatte ein paar kleinere Geschenke bei mir. Gemeinsam spielten wir mit dem Ball. Bevor ich ging verteilte ich noch ein paar Süßigkeiten, redete mit der Großmutter und übergab ihr das Lebensmittelpaket.
Da wir die Partnerschaft für Gloria übernommen haben, kümmern wir uns auch um ihre Kleidung und sonstige Dinge. Mama Esta erklärt sich bereit neue Kleidung für Gloria einzukaufen.
Nach einem kurzen herzlichen Abschied geht es weiter in die Slums von Moshi. Mama Tinda, so nennt sich die nächste Witwe. Wir haben sich auch vor 3 Jahren kennengelernt, nachdem ihr Mann verstorben ist wurde auch bei ihr HIV festgestellt. Seitdem kämpf sie mit der Krankheit. Vor einigen Wochen wurde bei ihr zusätzlich Tuberkulose festgestellt. Es ist uns wichtig nicht nur einmalig zu helfen, sondern solche Witwen über einen längeren Zeitraum zu betreuen und zu begleiten.
Deswegen freue ich mich besonders Mama Tinda erneut zu besuchen und ihr in dieser Zeit etwas Trost und Hoffnung zu überbringen. Mir ist bewusst, dass unser Besuch nur ein kleiner Lichtblick ist, dennoch ist es für die Menschen hier sehr wertvoll. Dadurch fühlen sie sich nicht mehr ganz verlassen und einsam.
In den Slums angekommen warnte mich Mama Esta, dass es nicht ganz ungefährlich sei. Die Dämmerung ist bereits eingebrochen und wir können mit dem Auto nicht ganz bis zu dem Haus vorfahren. Das bedeutet wir müssen ca. 5 Minuten zu Fuß gehen. Es ist mir zwar schon ein bisschen mulmig, aber ich habe außer meinem iPhone, mit dem ich diese Reise zu 90% dokumentiert habe und ein paar tausend Tansania Schilling nichts Wertvolles bei mir.
Gemeinsam gehen wir durch die Gassen. An verschiedenen Häusereingängen stehen junge und ältere Männer beisammen, überraschenderweise grüßen diese freundlich, sodass es nicht ganz so gruselig erscheint.
Mama Tinda ist über unseren späten Besuch überrascht und freut sich sichtlich, soweit ihr Gesundheitlicher Zustand dies zulässt. Neben dem Lebensmittelpaket erklärten wir uns bereit für die angefallenen medizinischen Kosten, wie z.b. Krankenhausbesuche und Medikamente aufzukommen. Für uns ist das eine überschaubare Summe, für Mama Tinda ist das ein Haufen den sie niemals Stämmen könnte.
Auf dem Rückweg fuhren wir durch die schlecht beleuchteten Straßen von Moshi, was mich total verwundert ist, dass so viele Menschen nachts draußen auf den dunklen Straßen sind.
Im Kinderheim angekommen sind Andreas und Andy grade damit beschäftigt die letzten Bretter zu Recht zu sägen. Die Kinder sind grade im Gemeinschaftsraum und singen zusammen Lieder, ich geselle mich zu ihnen. Mama Esta kommt herein und berichtet den Kindern von den Änderungen in ihren Schlafzimmern, die Kids scheinen sich sehr darüber zu freuen.