Armut, die krank macht
Tansania zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und muss um das tägliche Überleben kämpfen. Mit fast 40 Millionen Einwohnern und einem Bevölkerungswachstum von über 2.5 Prozent pro Jahr kämpft die Regierung Tansanias beinahe vergeblich gegen Mangelernährung, aus Armut und Hygienemängeln entstehende Krankheiten und eine mangelnde Bildung. Ein Großteil der nicht seltenen Todesfälle, die in den Elendsregionen Tansanias zu verzeichnen sind, lassen sich vor allem auf eine mangelhafte Ernährung, unsauberes Wasser und eine schlechte Hygiene zurückführen und ließen sich verhindern, wenn die Ärmsten der Armen besser versorgt würden.
Die Gesundheitsversorgung liegt in Tansania in den Händen der Regierung. Bereits 1995 wurde das Gesundheitswesen nationalisiert, um Medikamente und ärztliche Versorgung auch für die Ärmsten zur Verfügung zu stellen. Eine ausreichende Anzahl an Krankenhäusern für die Vielzahl an Bedürftigen einzurichten, hat sich bislang als unmöglich erwiesen.
Die schmerzlich klaffende Lücke sollen Notapotheken ausfüllen, die über das ganze Land verteilt vor allem in den Armutsregionen eingerichtet wurden. Hier sollen Notleidende lebensrettende Medikamente erhalten. Noch dringender würden allerdings ausgebildete Ärzte oder Apotheker benötigt, die den Kranken, denen es nicht selten an jeglicher Bildung mangelt, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Oft fehlt selbst das nötige Grundwissen, um lebensrettende Medikamente richtig anzuwenden.
Qualifizierte Fachkräfte sind in diesem von Armut gebeutelten Land allerdings ebenso knapp wie Lebensmittel und Bildung. So sind die Medikamente, die in den Notapotheken ausgegeben werden, nur ein Tropfen auf den heißen Stein und können das Leid der Betroffenen und ihrer Familien kaum ausreichend lindern.
Ein Auffangnetz für besonders schwer Kranke soll die Verbindung der Notapotheken mit den Krankenhäusern der Region sein. Menschen, denen nicht durch einen simplen Verband, eine Tablette oder eine Impfung zu helfen ist, sollen nach Vorgabe des nationalen Gesundheitssystems in ein Krankenhaus überwiesen werden, um dort von qualifizierten Fachärzten behandelt zu werden. Allzu häufig werden vor allem chronische Erkrankungen aber zu spät oder gar nicht erkannt und die Betroffenen erhalten die dringend notwendige medizinische Versorgung erst in einem Stadium, in dem eine Rettung kaum noch möglich ist.
Besonders häufig treten Krankheiten auf, die durch Mangelernährung entstehen. Auch Seuchen und Infektionen, die durch Parasiten und schlechte hygienische Verhältnisse ausgelöst werden, sind an der Tagesordnung in vielen Armensiedlungen. Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und der Atemwege schwächen die Kranken, die ohnehin in schlechter gesundheitlicher Verfassung sind. Eine Selbstheilung durch körpereigene Abwehrkräfte ist meist unmöglich.
Viele Menschen, die in Tansania unterhalb der Armutsgrenze leben, erkranken an Tuberkulose, oder Lungenentzündung. Durchfallerkrankungen führen dazu, dass die ohnehin kaum ausreichenden Nährstoffe ungenutzt wieder aus dem Körper ausgeschieden werden. Auszehrung und in schweren Fällen und fortgeschrittenen Stadien auch Organversagen aufgrund von Unterversorgung sind die Folge.
Viele schwere Erkrankungen sind aus den Tropen nach Tansania gekommen. Malaria, Lepra, die Schlafkrankheit und verschiedene von Parasiten ausgelöste chronische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen in diesem Land. Ein Mangel an Impfstoffen führt außerdem dazu, dass Krankheiten wie Polio hier immer noch an der Tagesordnung sind. Hinzu kommt eine mit neun Prozent enorm hohe HIV-Rate in der Bevölkerung. Die erschreckend hohe Zahl an Betroffenen ist auf eine mangelnde Aufklärung und schlechte Hygieneverhältnisse zurückzuführen.
Um diese Probleme langfristig in den Griff zu bekommen, müsste das Gesundheitssystem im Land in erheblichem Maße ausgebaut und erweitert werden. Dazu fehlen allerdings fast überall die Mittel und qualifizierte Fachkräfte. Die erschreckend niedrige Bildungsrate ist ebenfalls ein Grund dafür, warum Krankheiten, Elend und Tod sich in Tansanias Armenregionen nahezu ungehindert ausbreiten können.
Bildung kann Leben retten
Wenn im Zusammenhang mit Tansania von Bildung die Rede ist, dann geht es dabei nicht um eine Ausbildung, ein Studium oder einen gut bezahlten Beruf. Die Anforderungen, die dieses Land an die Bildung seiner Bevölkerung stellt, sind weitaus bescheidener. Bildung meint hier die fundamentalsten Grundlagen, die der Mensch benötigt, um ein gesundes und selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Noch vor knapp 50 Jahren konnte Tansania eine der höchsten Alphabetisierungsraten in ganz Afrika verzeichnen. Auch heute noch können knapp 80 Prozent der einheimischen Männer und immerhin gut 60 Prozent der Frauen lesen und schreiben. Auch eine Schulpflicht hat die Regierung im neuen Jahrtausend eingeführt, der allerdings vor allem die arme Bevölkerung in weiter abgelegenen Regionen kaum nachkommt. Gezielte von der Regierung gesteuerte Werbekampagnen sollen das Bewusstsein der benachteiligten Bevölkerung für die Bedeutung einer grundlegenden Schulbildung wecken, doch viele Informationen kommen erst gar nicht bei den Bedürftigen an.
Die Grundschule, die in Tansania sieben Schuljahre umfasst, können Kinder kostenlos besuchen. Erst für weiterführende Schulen werden Schulgebühren erhoben. Ein Mindestmaß an Bildung steht damit also jedem Einwohner des Landes theoretisch zur Verfügung. Das tatsächliche Bild sieht aber anders aus.
Es gibt weder ausreichende Räumlichkeiten noch qualifizierte Lehrkräfte, um jedem Kind in Tansania den Besuch einer Grundschule zu ermöglichen. Da Schulmaterialien und Uniformen von den Eltern bezahlt werden müssen, ist ein Schulbesuch trotz fehlender Schulgebühren für viele der armen Familien schlichtweg unmöglich. Besonders in ärmlichen Selbstversorgerregionen bleiben die Kinder deshalb zu Hause, um die Familie bei den täglichen Arbeiten im Kampf um den Lebensunterhalt unterstützen zu können.
Die lebenswichtige Bildung fehlt in diesen Familien völlig. Dazu zählen auch Grundkenntnisse über Hygiene, gesunde Ernährung und den Umgang mit Medikamenten. In solchen bildungsfernen Gebieten ist die Zahl der Fälle von Geschlechtskrankheiten und andere Erkrankungen, die auf mangelnde Hygiene zurückzuführen sind, deshalb besonders hoch. Aus diesem Grund muss es eines der Hauptanliegen bleiben, einem Land wie Tansania Bildung als unschätzbar wertvolles Gut nahezubringen und die Bevölkerung auf ein Bildungsniveau zu bringen, das mithelfen kann, gesundheitliche, gesellschaftliche und soziale Missstände langfristig in den Griff zu bekommen.